Liebe - Sprache - Führung

Ein Beitrag von Silke Benz, ausgebildete animal learn Hundetrainerin, in 63879 Weibersbrunn

Dies sind für mich die drei Pfeiler in der Mensch-Hund-Beziehung, ebenso wie es Pat Parelli in der Beziehung Mensch und Pferd sagt. Berücksichtigt man diese Eigenschaften (Liebe, Sprache und Führungsqualitäten) in der Be- und Erziehung seines Hundes, kann alles so viel leichter und entspannter sein. Dies gilt sowohl für den Hund wie auch für den Menschen.

Es muss meiner Meinung nach in der Mensch-Hund-Beziehungskiste nichts Neues erfunden werden. Die guten alten Zeiten heraufzubeschwören und zu verherrlichen braucht man aber auch nicht. Diese „alten Zeiten“ waren von vielen Irrtümern geprägt, gerade weil viele Menschen dem Tier gar kein Gefühl zusprachen und Tiere oft nur ihren Zweck erfüllen mussten. Die kynologischen Erkenntnisse, die man bisher über Hunde hat, sind noch nicht sehr umfangreich, aber es reicht aus, um ein gutes Fundament mit seinem Hund aufzubauen und ihm ein Leben seiner Art entsprechend bieten zu können. Schauen wir uns doch die einzelnen Eigenschaften näher an:

Liebe

Wenn ich eine gute Beziehung mit meinem Hund erlangen möchte, muss ich ihn wirklich gern haben, nicht nur seine äußere Erscheinung. Jeder Hund/jede Rasse hat etwas Liebenswertes an sich. Menschen, die einen Hund nur wegen seines imposanten Auftretens, seiner Schönheit, seiner angeblichen Klugheit oder seiner gerade aktuell gefragten Rasse erwerben, werden in der Beziehung mit ihrem Hund nicht sehr weit kommen.

Ebenso ist es wichtig, wenn ich ein Tier liebe, mich auch über dessen wirkliche Bedürfnisse schlau zu machen. Gerade heute, wo wir eine so enorm große Rassevielfalt haben, ist es wichtig, sich im Vorfeld zu erkundigen, was denn diese Hunderasse alles benötigt an Beschäftigung, Auslauf, Futter, Sozialkontakt mit Menschen und auch mit Artgenossen, Erziehung und Führung. Erst wenn man dies weiß, kann man sich die ehrliche Frage stellen: kann ich das alles diesem Hund bieten?

Wenn ich ein Tier gern habe gehört auch dazu, mich genau über sein rassetypisches Verhalten zu informieren. Damit meine ich nicht die Rassestandards, die lesen sich  fast alle supertoll. Besser ist, richtig kritisch nachzuschlagen, was das für ein Hund ist und wofür diese Rasse denn eigentlich gezüchtet wurde. Werden Sie einfach neugierig auf diesen Hund! Natürlich bedeutet Liebe auch nicht, sein eigenes Ego mit einem Hund aufzuwerten!

Sprache

Menschen sind Meister in der verbalen Sprache, obwohl sie oft mit dem Körper etwas anderes ausdrücken. Menschen reden, reden und reden! Hunde sind Meister in der Körpersprache, daher können wir ihnen auch nichts vorlügen. Sie lesen uns perfekt, nur nicht so, wie wir es oft wollen. Menschen und Hunde haben gemeinsam, dass sie Gefühle in Gesicht und Körper ausdrücken können - und zwar auf erstaunlich ähnliche Weise!

„Wenn wir uns bemühen, uns selbst einmal mit den Augen unseres Hundes zu sehen, bringt dies mehr, als nur Licht auf das Verhalten unserer eigenen Spezies zu werfen. Es kann uns auch vieles über das Verhalten unserer Hunde lehren, weil vieles davon als Reaktion auf uns geschieht.“ (Quelle: Liebst du mich auch? Von Patricia B. McConnell)

Diese Tatsache ist auf der einen Seite wunderbar, auf der anderen Seite stellt sie uns auch oft ein Bein, nämlich dann, wenn wir nicht das sagen, was wir auch meinen! Hunde haben den ganzen lieben langen Tag Zeit, uns zu beobachten, zumindest wenn sie mit uns in einem Sozialverband leben. Sie durchleuchten uns genau, oft viel zu genau! Wir müssen eine klare, verständliche Sprache mit unseren Hunden finden, und da Hunde nun mal sehr auf Körpersprache achten, nehme ich mir dies auch zu Hilfe. Es gibt kein Kommando ohne sinnvolles Sichtzeichen, es gibt immer das gleiche Kommando für eine bestimmte, gewünschte Handlung. Eigentlich logisch, wird nur fast nie praktiziert. Zum Glück können unsere Hunde uns so gut „lesen“. Kritisch wird es dann, wenn Sie möchten, dass der Hund auch bei Ablenkung noch zuverlässig das tut, was Sie von ihm fordern. Dies funktioniert nur, wenn Sie eine klare gemeinsame Sprache gefunden und diese auch trainiert haben.

Führung

Darunter versteht jeder etwas anderes, der eine seine harte und herrische Hand, der andere, seinen Hund unsicher zu  machen, zu vereinsamen und zu ängstigen. Wieder ein anderer versteht darunter, dem Hund alles recht zu machen und versucht, mit seinem Hund demokratische Lösungen zu finden! Das alles sind für mich keine wahren Führungsqualitäten. Wem würden Sie denn vertrauen und folgen: dem Diktator oder dem „Weichei“? Klar – keinem von beiden! Ähnlich geht es unseren Hunden. Jeder braucht ein anderes Maß an Führung. Mit einem Hund, der alles machen kann und darf, was er will, endet das Zusammenleben meist in einer riesigen Katastrophe. In dieser Situation ist kaum ein Hund glücklich, denn er braucht und sucht eine Führung, damit er in einer Welt, die nicht so ganz  die seine ist, zurechtkommt und für sich und andere nicht zur Gefahr wird. Manche Hunde verlangen nach mehr Regeln, andere brauchen so gut wie keine.

Natürlich gibt es auch Rassen, die tendenziell eher nachfragen, ob man es ernst meint und ob man der Situation wirklich gewachsen ist, ansonsten können sie das auch selbst in die Hand oder besser Pfote nehmen. Dies wurde so gewollt und gefördert z.B. bei den Herdenschutzhunden. Diese Hunde werden gerne als dominant und unerziehbar bezeichnet. Beides völlig falsch! An diesen Hunden merkt man nur, wie gut man ist  und ob man Hunde wirklich versteht. Ganz klar ist, dass nicht zu jedem Mensch so ein Hund passt.  Muss ja auch nicht, es gibt genug Rassen und Mischlinge jeden Alters, die einfacher zu handeln sind, und nicht ganz so viel Führung von uns fordern.


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